Süchte als Selbstmedikation: Ein Teufelskreis bei Burnout und chronischem Stress

In unserer schnelllebigen Gesellschaft sind Burnout und chronischer Stress keine Seltenheit mehr. Die Anforderungen im Beruf und im Alltag steigen stetig, und viele Menschen kämpfen mit den psychischen und körperlichen Auswirkungen dieser Belastungen. Dabei ist es nicht ungewöhnlich, dass Betroffene versuchen, ihre negativen Gefühle und den anhaltenden Druck durch verschiedene Mittel zu lindern. Dieser Versuch, sich selbst zu „behandeln“, kann jedoch in eine Abhängigkeit führen – eine Sucht.

Was ist Selbstmedikation?

Selbstmedikation beschreibt den Prozess, bei dem Menschen eigenständig – ohne ärztlichen Rat – zu Substanzen oder Verhaltensweisen greifen, um unangenehme Gefühle, Stress oder andere psychische Belastungen zu lindern. Dies kann auf den ersten Blick wie eine schnelle Lösung erscheinen, da es kurzfristig Linderung verschafft. Allerdings ist diese „Lösung“ oft trügerisch und führt langfristig zu noch größeren Problemen. Im Kontext von Burnout und chronischem Stress wird Selbstmedikation zu einem gefährlichen Teufelskreis: Die kurzzeitige Erleichterung durch Substanzen oder bestimmte Verhaltensweisen verstärkt das zugrundeliegende Problem und führt oft zu einer Sucht.

Wie entsteht Selbstmedikation?

Selbstmedikation entsteht häufig in Situationen, in denen Menschen überfordert sind und keine gesunden Bewältigungsstrategien zur Verfügung haben. Bei chronischem Stress und Burnout sind die Betroffenen oft emotional erschöpft, haben Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme und ein allgemeines Gefühl der Hilflosigkeit. Um diesen Zustand zu überdecken oder zu „behandeln“, greifen sie zu Mitteln, die ihnen vermeintlich helfen, die Kontrolle zurückzugewinnen oder den Druck zu verringern.

  • Substanzmissbrauch: Der Konsum von Alkohol oder Drogen kann ein Versuch sein, die ständige innere Anspannung zu dämpfen oder den Schlaf zu fördern. Dies ist jedoch eine riskante Methode, die schnell zu einer Abhängigkeit führen kann.
  • Nikotinabhängigkeit: Viele Menschen greifen in stressigen Situationen verstärkt zur Zigarette, da Nikotin kurzfristig entspannend wirkt. Die ständige Zufuhr von Nikotin kann jedoch zu einer chronischen Sucht führen, die die Gesundheit erheblich belastet.
  • Essstörungen: Stress und Burnout können Essgewohnheiten drastisch verändern. Manche Menschen essen übermäßig viel, um sich zu beruhigen, während andere fast gar nichts mehr zu sich nehmen können.
  • Arbeitssucht: Ironischerweise kann der Versuch, den Druck durch verstärkte Arbeit zu bewältigen, in eine Arbeitssucht münden, die das Burnout weiter verschlimmert.
  • Verhaltenssüchte: Auch nicht-substanzgebundene Süchte wie Spielsucht, Internetsucht, Kaufsucht oder Sexsucht können als Form der Selbstmedikation auftreten. Diese Verhaltensweisen bieten kurzfristig Ablenkung oder Befriedigung, führen jedoch langfristig zu gravierenden persönlichen und sozialen Problemen.

Der gefährliche Kreislauf der Selbstmedikation

Einmal in die Falle der Selbstmedikation geraten, verstärken sich die Probleme oft: Der kurzfristige „Erfolg“ der Selbstmedikation verdeckt das eigentliche Problem nur und verhindert, dass die zugrunde liegenden Stressfaktoren oder das Burnout tatsächlich angegangen werden. Die Belastungen wachsen weiter, was den Griff zu den Suchtmitteln oder -verhaltensweisen noch häufiger und intensiver macht. Dadurch kann sich die Sucht verschlimmern, was zu noch mehr Stress und einem tiefergehenden Burnout führt. Dieser Teufelskreis kann schwer zu durchbrechen sein.

Fazit: Suchen Sie professionelle Hilfe

Wenn Sie merken, dass Sie in diesem Teufelskreis gefangen sind, ist es wichtig, frühzeitig professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Selbstmedikation ist keine langfristige Lösung und kann die Situation erheblich verschlimmern. Ein Therapeut oder Berater kann Ihnen helfen, gesunde Bewältigungsstrategien zu entwickeln und Wege aus der Sucht zu finden. Es ist kein Zeichen von Schwäche, sich Unterstützung zu holen – im Gegenteil: Es ist der erste Schritt in Richtung einer nachhaltigen Heilung und eines gesünderen Lebens.

Autor: Richard Walz Psychologischer Berater

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