Erlernte Hilflosigkeit: Was ist das und welche Nachteile entstehen dadurch?

Erlernte Hilflosigkeit ist ein psychologisches Konzept, das beschreibt, wie Menschen und Tiere lernen, dass sie keinen Einfluss auf ihre Umgebung haben und daher aufhören, Anstrengungen zu unternehmen, um ihre Situation zu verbessern. Dieser Zustand kann weitreichende negative Auswirkungen haben, aber es gibt auch Wege, ihm zu entkommen.

Was ist erlernte Hilflosigkeit?

Erlernte Hilflosigkeit wurde in den 1960er Jahren von den Psychologen Martin Seligman und Steven Maier erforscht. In ihren Experimenten stellten sie fest, dass Hunde, die wiederholt schmerzhaften, unvermeidbaren Reizen ausgesetzt wurden, später keine Anstrengungen mehr unternahmen, um diesen Reizen zu entkommen, selbst wenn die Flucht möglich war. Dieses Verhalten wurde als erlernte Hilflosigkeit bezeichnet.

Bei Menschen tritt erlernte Hilflosigkeit auf, wenn sie wiederholt negative Ereignisse erleben, die sie nicht kontrollieren können. Diese Erfahrungen führen zu einem Gefühl der Machtlosigkeit und dem Glauben, dass ihre Handlungen keinen Unterschied machen. Dies kann sowohl im persönlichen als auch im beruflichen Leben geschehen.

Nachteile der erlernten Hilflosigkeit

Erlernte Hilflosigkeit hat viele negative Auswirkungen auf das Leben einer Person:

  1. Geringes Selbstwertgefühl: Menschen mit erlernter Hilflosigkeit entwickeln oft ein negatives Selbstbild. Sie glauben, dass sie unfähig sind, Veränderungen zu bewirken oder Herausforderungen zu meistern.
  2. Passivität: Betroffene neigen dazu, passiv zu werden und keine Anstrengungen zu unternehmen, um ihre Situation zu verbessern. Sie akzeptieren negative Umstände als unveränderlich.
  3. Depression: Erlernte Hilflosigkeit ist stark mit Depressionen verbunden. Das Gefühl der Hoffnungslosigkeit und Machtlosigkeit kann zu anhaltenden depressiven Zuständen führen.
  4. Gesundheitsprobleme: Langfristiger Stress und die fehlende Fähigkeit, Stressoren zu bewältigen, können zu körperlichen Gesundheitsproblemen führen, wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder einem geschwächten Immunsystem.
  5. Schlechtere Leistungsfähigkeit: Im beruflichen Kontext kann erlernte Hilflosigkeit zu vermindertem Engagement und schlechterer Leistung führen. Betroffene Mitarbeiter könnten Schwierigkeiten haben, ihre Aufgaben effektiv zu erledigen oder kreative Lösungen zu finden.

Wege, der erlernten Hilflosigkeit zu entkommen

Es ist möglich, der erlernten Hilflosigkeit zu entkommen und ein Gefühl der Kontrolle und des Selbstvertrauens zurückzugewinnen. Hier sind einige Strategien, die dabei helfen können:

  1. Kognitive Umstrukturierung: Diese Technik aus der kognitiven Verhaltenstherapie hilft dabei, negative Gedankenmuster zu identifizieren und zu ändern. Indem man lernt, negative Überzeugungen zu hinterfragen und durch realistischere, positive Gedanken zu ersetzen, kann man das Gefühl der Hilflosigkeit überwinden.
  2. Ziele setzen: Realistische und erreichbare Ziele zu setzen, hilft dabei, kleine Erfolge zu erzielen und das Gefühl der Kontrolle zu stärken. Diese Erfolge können das Selbstvertrauen erhöhen und die Motivation steigern.
  3. Selbstwirksamkeit stärken: Selbstwirksamkeit bezieht sich auf den Glauben an die eigenen Fähigkeiten, Herausforderungen zu meistern und Ziele zu erreichen. Durch das Sammeln positiver Erfahrungen und das Bewältigen kleiner Herausforderungen kann dieser Glaube gestärkt werden.
  4. Soziale Unterstützung suchen: Der Austausch mit Freunden, Familie oder Therapeuten kann helfen, erlernte Hilflosigkeit zu überwinden. Soziale Unterstützung bietet emotionale Hilfe und kann ermutigen, neue Wege zu finden, um mit Problemen umzugehen.
  5. Achtsamkeit und Stressbewältigung: Techniken wie Meditation, Yoga und Atemübungen können helfen, Stress abzubauen und ein Gefühl der inneren Ruhe und Kontrolle zu entwickeln. Regelmäßige Praxis dieser Techniken kann die Resilienz stärken und das allgemeine Wohlbefinden fördern.
  6. Positive Erfahrungen schaffen: Neue Aktivitäten auszuprobieren und Erfolgserlebnisse zu sammeln, kann helfen, das Selbstvertrauen zu stärken und das Gefühl der Hilflosigkeit zu verringern. Dies könnten Hobbys, Ehrenamt oder Weiterbildung sein.

Ein Beispiel aus der Praxis

Nehmen wir an, Anna, eine Büroangestellte, erlebt erlernte Hilflosigkeit. Aufgrund wiederholter Misserfolge und fehlender Anerkennung hat sie das Gefühl, dass sie keinen Einfluss auf ihre berufliche Situation hat. Ihre Leistung leidet, und sie fühlt sich deprimiert.

Anna beschließt, kleine, erreichbare Ziele zu setzen, wie zum Beispiel, ein bestimmtes Projekt abzuschließen oder eine neue Fähigkeit zu erlernen. Sie beginnt, ihre negativen Gedanken zu hinterfragen und sich auf ihre Stärken zu konzentrieren. Mit Unterstützung von Freunden und einem Therapeuten arbeitet sie daran, ihre Selbstwirksamkeit zu stärken. Durch regelmäßige Achtsamkeitsübungen findet sie einen Weg, mit Stress umzugehen. Nach einigen Monaten spürt Anna eine deutliche Verbesserung in ihrem Selbstbewusstsein und ihrer beruflichen Leistung.

Fazit

Erlernte Hilflosigkeit kann das Leben erheblich beeinträchtigen, aber es gibt effektive Wege, diesem Zustand zu entkommen. Durch kognitive Umstrukturierung, Zielsetzung, Stärkung der Selbstwirksamkeit, soziale Unterstützung und Achtsamkeit können Betroffene ihr Gefühl der Kontrolle zurückgewinnen und ein erfüllteres, selbstbewussteres Leben führen. Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass Veränderung Zeit braucht, aber mit Geduld und Anstrengung ist es möglich, erlernte Hilflosigkeit zu überwinden.

Autor: Richard Walz – Psychologischer Berater

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